Warum ein guter Trainer mehr können muss als „nur“ Übungen zu zeigen

Um es im Vorfeld zu klären: ob ich nun ein guter Trainer bin, das lasse ich lieber andere bewerten. Ganz gruselig bin ich auf dem Gebiet glaube ich aber nicht… hoffentlich!

Wie bewertet der Außenstehende, also der Trainierende oder der Interessent, auf den ersten Blick die Qualität eines Trainers? „Was haben Sie denn an Lizenzen?“ Trainer B Lizenz – klar. Trainer A-Lizenz – noch besser. Schein X, Ausbildung Y, Seminar Z – toll!

Ich habe im Laufe der Jahre auch einen Haufen an Lizenzen gemacht und Ausbildungen durchlaufen, wirklich tolle und lehrreiche, aber teils auch richtig schlechte á la „das hätte ich aus dem Stehgreif besser referieren können“. Fachwissen ist wichtig und die Grundlage, nicht missverstehen. Wer als Trainer durchstarten möchte, der sollte bzw. der muss diesen Weg gehen. Um Erfolg zu haben, bedarf es aber ganz anderer Faktoren.

Ich lese gerade zum zweiten Mal „Die Kunst, ein guter Trainer zu sein“ von Brett Bartholomew. Wenn ich ehrlich sein soll, hatte ich es vorher schon als Hörbuch auf Englisch versucht, bin aber gescheitert. (Offtopic: Hörbücher sind im Regelfall aber trotzdem ein toller Weg, sich Weiterzubilden!)

Der Autor versteht unter einem „Conscious Coach“ jemanden, der natürlich ein inhaltlich einwandfreies Programm erstellt, vor allem aber die Fähigkeit besitzt, dieses seinem Trainierenden auch zu vermitteln. Was hilft es, wenn ich das tollste Programm erstelle, dieses aber nicht befolgt wird?

Ganz grob überschlagen habe ich im Laufe der Jahre neben vielen Personal Trainings und Kursen wohl so etwa 20000 Trainingspläne erstellt, vermutlich eher mehr. Die meisten waren gut… da bin ich mir sicher… zumindest waren sie gut gemeint.  Viele Trainierende haben unter meiner Anleitung grandiose Erfolge erzielt, manche haben 40 oder mehr Trainingspläne im Laufe der Jahre erhalten. Erwachsene Männer haben bei mir gestanden und vor Glück geweint, weil sie ihr Ziel erreicht haben… andere Trainingspläne waren das Papier und die Tinte nicht wert, weil sie nie oder fast nie trainiert wurden. Diese Trainierenden haben sich dann auch relativ selten bei mir bedankt, auch wenn das, was ich ihnen mit auf den Weg gegeben habe, qualitativ genauso hochwertig war wie das des Mannes mit den Tränen in den Augen.

Werde ich das ändern können? Die Antwort war früher nein… hat sich im Laufe der Jahre aber zu einem ganz klaren JEIN gewandelt! Wie meine ich das?

Es wird nach wie vor Trainierende geben, die ich erreiche, die auf das eingehen, was ich ihnen mit auf den Weg gebe… und diejenigen, die eigentlich schon aufgegeben haben, wenn wir unser Trainingsgespräch beenden. Ganz, ganz wichtig: dies ist bitte nicht als Wertung zu verstehen. Es gibt viele tolle Menschen, die es sportlich aus diesem oder jenem Grund nie schaffen werden. Ist aus Trainersicht aber natürlich nicht sehr befriedigend, diese Menschen kamen ja auch mit einem Ziel, ich habe lieber positiven Einfluss… und wenn es am Ende zu tränenden Männeraugen (aus Freude) kommt, dann nehme ich das gerne in Kauf.

Kommen wir aber zurück zum Conscious Coaching. Wie gesagt, Fachwissen ist wichtig, aber wichtiger als „2 Sätze oder 3“, „Bizepsübung A oder B“, der perfekte Split oder was auch immer ist es doch, dass der Trainierende – also du – ganz einfach regelmäßig trainiert, sich größtenteils an die Ernährungsratschläge hält und dabei bleibt. Ich werde nach wie vor auch trainingsmethodisch versuchen, immer besser zu werden. Wenn es ein neues Buch über die Kniebeuge geben wird, dann werde ich es mir holen und durcharbeiten… ich habe ja erst 3! Genauso wichtig für meine Arbeit als Trainer sind aber die emotionalen und sozialen Komponenten, die dir helfen, auf die Seite derjenigen zu kommen, die dabei bleiben und ihre Ziele erreichen. Hierin immer besser zu werden habe ich mir als Ziel gesetzt!

Ein guter Trainer ist für mich nämlich derjenige, bei dem die Anzahl Trainierender auf der „Ich habe es geschafft“-Seite nach und nach immer größer wird. Jeden rüber ziehen kann selbst der beste Trainer nicht, dafür ist der Erfolg doch zu sehr auch vom Trainierenden abhängig, aber jeder einzelne „Gewinner“ macht den Trainer glücklich. Der engere und vor allem häufigere Kontakt zwischen Trainer und Trainierenden im Personal Training erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit natürlich enorm, aber das steht auf einem ganz anderen Blatt.

Wem ich – ob nun durch das tolle Training oder das Drumherum – helfe, auf die Erfolgsseite zu treten, der wird dann vermutlich sagen: „Das ist ein guter Trainer!“

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