Wir kennen uns seit über 10 Jahren, Olli und ich. Viele Trainingspläne, viel netter Smalltalk, auch bei Highlandgames im Team sind wir schon zusammen gestartet. Dufter Typ und richtig sportlich. Da steht er nun bei mir am Arbeitsplatz, verweist auf eines der auf meinem privaten Instagram-Account geposteten Oberkörperfrei-Fotos und sagt: „Torsten… du Arsch… ich glaube wir müssen mal über Ernährung sprechen! Das will ich auch!“
Über Ernährung sprechen, das sieht bei mir heute anders aus als früher. In meinen Startzeiten als Trainer und noch viele, viele Jahre sah ein Ernährungsgespräch so aus, dass ich quasi eine Grundschulung gegeben habe: Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate – wozu, wieviel, wo drin? Ballaststoffe, Vitamine, trinken, was am besten wann… blablabla.
Ist das schlimm oder ist das schlecht? Nein, aber leider auch nicht zielführend. Haben meine Gesprächspartner umgesetzt, was ich ihnen vorgeschlagen habe? Teilweise, sicher. Manche setzen – Vertrauen vorausgesetzt – das um, was man ihnen empfiehlt. Wenn ich aber schätzen müsste, wie viele dieser Gespräche zum Erfolg geführt haben… puh, da habe ich vermutlich eine Menge Lebenszeit sinnlos verdampft.
Sind wir mal ehrlich, die allerwichtigsten Dinge weiß fast jeder. Viel Wasser trinken, Obst ist gut, Gemüse ist toll, Kuchen nicht so toll und Bier noch weniger toll. Insgesamt sollten es ganz einfach nicht zu viele Kalorien sein… außer man möchte zunehmen. Bäm! Raketenwissenschaft!
Ist recht einfach, aber warum werden wir (die Deutschen, die Menschen allgemein) dann doch immer dicker im Durchschnitt, wenn wir die wichtigsten Dinge doch wissen!?
Seit einiger Zeit gehe ich anders vor. Habe ich damit immer Erfolg? Nein! Habe ich (und damit hat sie oder er) damit mehr Erfolg? JAAAAAAA!
Wir fangen an mit einem Protokoll. Schreib doch mal auf, eine Woche lang (besser zwei), alles was du isst und trinkst. Uhrzeit, was genau, ungefähre Menge (Schokolade kann ein kleines Riegelchen sein oder die 300g-Jumbo-Tafel). Dazu die Trinkmenge, ich lasse mir die Trainingszeiten eintragen und wann Nachtruhe war. Bitte ausgedruckt mitbringen, egal ob WORD oder EXCEL oder was auch immer, dann schauen wir mal gemeinsam drüber!
„Ich kann dir sagen was ich esse, das ist immer gleich!“ bekomme ich häufig als Antwort, so auch von Olli. Da ich Zeit hatte, haben wir uns kurz zusammengesetzt, bisschen darüber gesprochen… mit dem Hinweis, es dann doch bitte nochmal genau zu protokollieren.
Einige Tage später, ich sehe Olli beim Training, nach kurzer Begrüßung kommt gleich: „Mir ist jetzt erst aufgefallen, was ich so an Müll zwischendrin esse!“
Ausnahme? Nein, Regelfall! Den meisten fällt bei der Protokollierung schon das ein oder andere auf, was ihnen vorher nicht bewusst war. Für den Abnehmwilligen (auf Deutsch: denjenigen, den Übergewicht plagt, weil er bisher zu viel gegessen hat… denn das ist der Grund für Übergewicht) ist das im Regelfall zu viel und das falsche. Da ist es, das erste Learning aus der Protokollierung… und ich habe noch nicht mal dazu beigetragen.
So ganz ohne Arbeit bleibe aber auch ich nicht. Um es mal abzukürzen: wir schauen gemeinsam drüber und überlegen, was die WICHTIGSTEN Dinge sind. Wo liegt die Hauptbaustelle, was zu ändern bringt den größten Ertrag, welche Dinge lassen sich möglicherweise auch einfach verändern? Ziel ist es immer, dass du nach Hause gehst mit der Gewissheit, das auch wirklich umsetzen zu können. Das Leben nicht komplett auf den Kopf stellen, die Veränderungen in den normalen Alltag integrieren können. Abgewogener Reis mit Pute und Broccoli muss nicht sein, um ein bisschen abzunehmen (wenn du natürlich eine Diät wie ein Bodybuilder machen möchtest, um so richtig „shredded“ zu werden, mir deine Abs zu zeigen und darauf zu verweisen, dass ich doch ganz schön pummelig bin im Vergleich zu dir, dann mag das Sinn machen).
Ist es schlimm, wenn in dem Protokoll ziemlich viel „Müll“ steht? Nein, absolut nicht! Es geht um den IST-Zustand, nicht um das was du glaubst, dass es gut sei, um von mir ein Lob zu bekommen. Wenn du während des Aufschreibens schon veränderst, dann brauchen wir eigentlich gar nicht mehr drüber zu sprechen. Und mal ganz ehrlich, schlimmer als Haribo zum Frühstück, mehrmals am Tag Weißmehlbrötchen mit Nutella, 2 Wochen komplett ohne Obst und Gemüse auf Nudelbasis, das geht kaum. Ich habe schon ALLES gesehen, glaube mir! Also… fast alles. Das eine Protokoll ging leider flöten, als der junge Mann am Wochenende seinen Alkoholkonsum protokollieren wollte und dabei die vorherigen 2 Wochen aus Versehen löschte. Das habe ich dann leider nicht gesehen!