Im heutigen Artikel möchte ich Dir erklären, wie Du von Kettle Bell Training bestmöglich profitieren kannst. Ich möchte Dir die Vorzüge darlegen, aber auch die Stolpersteine. Wie die Überschrift vermuten lässt, sehe ich im Training mit der Kettle Bell Vorzüge für sehr viele Sportler (und Noch-Nicht-Sportler). Diese Vorzüge möchte ich Dir aufzeigen.
Aber: es gibt auch Ziele, Präferenzen und Umstände, bei denen ich Kettle Bell Training als nicht optimal oder sogar ungeeignet ansehe. Bei aller Begeisterung für das Eisenrundgewicht möchte ich auch diese erwähnen, damit Du Dir selbst ein Bild machen kannst und am Ende weißt, ob Du Dich vielleicht näher mit der Kettle Bell beschäftigen solltest.
Welche Übungen kann man mit der Kettle Bell ausführen? Ich unterteile hier mal in vier Kategorien:
- Übungen, die man auch mit anderem Equipment ausführen könnte,
- Übungen, die Übungen mit anderem Equipment ähneln, aber leichte bis deutliche Unterschiede aufweisen,
- ballistische Übungen wie der Kettle Bell Swing,
- der Turkish Get-Up.
Übungen, die man auch mit anderem Equipment ausführen könnte
Es gibt viele Übungen, bei denen die Kettle Bell auch durch anderes Equipment ersetzt werden könnte. Einarmiges Rudern beispielsweise, Farmers oder Suitcase Walk, Goblet Squats. Hierunter verstehe ich persönlich wohlgemerkt kein Kettle Bell Training, dies ist Training MIT der Kettle Bell. Das soll jetzt übrigens nicht herabwertend klingen, ich setze diese Übungen häufig ein: im eigenen Training, im Personal Training, in Kursen, in Trainingsplänen. Ist halt praktisch… wenn ich ohnehin gerade Übungen mit der Kettle Bell durchführe oder durchführen lasse, dann kann ich ja auch diese Übungen gleich damit machen. Manche dieser Übungen kann man theoretisch zwar mit anderem Equipment ausführen, Du siehst sie aber kaum in herkömmlichen Fitnessstudios. Die erwähnten Goblet Squats oder erst recht der Suitcase Walk.
Übungen, die Übungen mit anderem Equipment ähneln, aber leichte bis deutliche Unterschiede aufweisen
Hier ist der Kettle Bell Press bzw. das Kurzhanteldrücken ein gutes Beispiel. Von der Idee her ist beides ähnlich, bei einem sauberen Kettle Bell Press wird allerdings viel mehr auf die Ausführung und die Körperstabilität geachtet. Nicht missverstehen, ich spreche jetzt nicht von schlecht ausgeführtem Kurzhanteldrücken und ich sage auch nicht, dass eines besser ist als das andere. Bei einem Kettle Bell Press herrscht aber im Regelfall Ganzkörperspannung von der großen Zehe bis in die Fingerspitzen der Hand, die die Kettle Bell führt. Ich habe noch NIE einen Kettle Bell Press auf einer Bank sitzend mit Lehne ausgeführt gesehen.
Eine Wiederholung mit der Kettle Bell dauert auch länger, es werden meist weniger Wiederholungen ausgeführt. Drückt man die Kettle Bell bottum-up, das bedeutet, dass die Kettle Bell auf dem Kopf steht, der Griff sich also unter der Kugel befindet, dann verlangt die Ausführung zudem noch viel mehr an Stabilität und Griffkraft, zudem ist man quasi gezwungen, die Bewegung korrekt auszuführen. Bei Schulterbeschwerden ist bottum-up-Arbeit beispielsweise normalen drückenden Bewegungen überlegen.
Ballistische Übungen wie der Kettle Bell Swing
„Simple, but not easy“, das beschreibt den Swing ziemlich gut. Wirklich schwierig ist er nicht… wenn man ihn erstmal kann. „Ich habe schon mal ein bisschen geübt“ führt aber nicht zu Jubelstürmen des Trainers. Das ist in etwa so, als wenn Du Dir die Haare selber färbst, das komplett in die Hose geht und Du den Friseur dann anlächelst und um Hilfe bittest. Der Unterschied ist lediglich, dass man beim missglückten Haarfärbeversuch weiß, dass man Bockmist gebaut hat. Selber beigebrachte Swings sehen in den allermeisten Fällen aus wie blond gefärbte Haare, die dann am Ende doch gelb geworden sind, nämlich ziemlich sch****. (Falls die Haare wirklich gelb werden sollten, ist das natürlich auch ok!!!) Bitte glaube mir: bei Übungen wie dem Swing ist ein solches Eigencoaching nicht gut, das ist jetzt nicht die Arroganz des Trainers, von wegen nur sie oder er könne es Dir beibringen und traut Dir das nicht zu. Selbst einfache Übungen wie eine Plank oder ein Bizepscurl selbst beigebracht sehen manchmal richtig doof aus (und sind es auch), ein selbst beigebrachter Swing potenziert dieses Fehlerpotential um ein Vielfaches.
Der Swing ist eine geniale Übung, ich werde ihm einen eigenen Beitrag gönnen. Soviel nur zu dem, was er kann: Explosivität für andere sportliche Aktivitäten, Anti-Sitzübung für Schreibtischtäter, Körperhaltung, knackiger Hintern und hintere Oberschenkelmuskulatur, starker Rücken, Schulterblattstabilität, Griffkraft, ein grandioses Instrument für Metabolic Conditioning (Kraftausdauertraining vereinfacht ausgedrückt). Führen wir die Übung dann irgendwann auch noch einarmig aus, dann haben wir zudem noch eine tolle Übung zur Verbesserung der Anti-Rotationskraft (vereinfacht ausgedrückt: tolle Rumpfkraftübung).
Verwandte Übungen sind der Clean und der Snatch. Ersterer ist für viele Übungen unerlässlich, letzterer findet in von mir organisiertem Training keine Anwendung (dazu auch in einem anderem Beitrag mehr).
Der Turkish Get-Up
Eine ganze Kategorie für nur eine Übung… wow! Man könnte es aber auch anders betrachten: der Turkish Get-Up ist viele Übungen in einem!
Ein Freund fragte mich mal: „Für welchen Muskel ist diese Übung denn?“ Nun ja… welcher Muskel wird dabei nicht trainiert? Wobei das sicherlich ein anderes Training ist als ein Satz Bizepscurls bis zum Muskelversagen.
Fangen wir doch mal unten an. Die ersten Bewegungsabschnitte aus der Rückenlage beginnend trainieren Deine Rumpfmuskulatur („Bauch“). Übrigens auch schon mit wenig Gewicht oder sogar unbeladen, also ohne Zusatzgewicht. Dies merkst Du insbesondere dann, wenn Du zu Beginn sehr viele Teilwiederholungen machst (um die ersten Schritte in die Birne einzubrennen).
Während der gesamten Bewegung hältst Du die Kettle Bell mit gestrecktem Arm über dem Kopf. Du stabilisierst dabei in vielen verschiedenen Positionen. Was ich damit meine: in der Startposition steht der Arm mit der Kettle Bell z.B. etwa 90° zum Oberkörper, später befindet sich der Arm dann in Verlängerung der Wirbelsäule, zwischendrin triffst Du viele andere Winkel.
Um es mal am Beispiel meiner Person zu veranschaulichen: ich kann etwa das 1,4 fache dessen beim Turkish Get-Up verwenden, was ich beim normalen Press über den Kopf drücken kann. Auch wenn keine drückende Bewegung stattfindet, sondern „nur“ stabilisiert wird, das ist schon ne Menge Schulterkraft! Übrigens auch hier: Tolle Übung zur Kräftigung der Schulter, wenn drückende Bewegungen gerade eher schlecht sind (Schmerzen), was ja leider häufiger vorkommt. Noch viel mehr, der Turkish Get-Up ist in vielen Fällen ein tolles Instrument zur Schulterrehabilitation. Das ist jetzt auch nichts, was ich mir ausgedacht habe, dass man das so machen könnte. Nein, ich habe schon mehrfach gehört, dass Therapeuten den Turkish Get-Up so eingesetzt haben. Solche Physios sind definitiv nicht 0815!
Im weiteren Bereich der Bewegung trainieren wir Rumpfkraft, Gleichgewicht, Stabilität, stehen aus dem Ausfallschritt auf, also einbeinige Kraft. Du siehst, der Turkish Get-Up ist so etwas wie eine eierlegende Wollmilchsau. Meine persönliche Meinung: fast jeder leistungsorientierte Sportler kann vom Turkish Get-Up profitieren, Freizeitsportler mit dem Ziel einer besseren Gesundheit, Körperhaltung und Fitness sowieso!
Aber, wie ich zu Beginn schrieb, so toll der Turkish Get-Up und der Swing auch sind. Niemand MUSS diese Übungen machen. Auch wenn es nur schwer vorzustellen ist: es soll Menschen gegeben haben und manche waren sportlich super erfolgreich, die ihr ganzes Leben lang niemals eine Kettle Bell in den Händen hatten und trotzdem ein glückliches Leben geführt haben. Ok, vielleicht hätte die ein oder der andere ein glücklicheres und vor allem gesünderes Leben MIT Kettle Bell geführt, aber das gilt für viele andere Dinge auch. Ein Bizepstraining ist aus Gesundheitssicht auch besser als ne Flasche Bier.
Die Kettle Bell ist genial – aber nur wenn Du sie korrekt bedienst
Zu klein möchte ich die Arbeit mit der Kettle Bell jetzt aber auch nicht reden. Sie ist nicht ein Trainingsinstrument von vielen, sondern gehört schön zur Top-Elite.. mit einer ganz wichtigen Voraussetzung: korrekte Anwendung. Ich glaube, ich hatte es ober erwähnt, aber vielleicht hast Du es ja vergessen oder verdrängt oder Du glaubst mir nicht. Also nochmal: möchtest Du korrekt trainieren, dann benötigst Du Anleitung und Korrektur. Das ist kein Youtube-Video und auch einmal gezeigt bekommen reicht nicht aus.
Die Übungen der ersten Kategorie sind da vielleicht die Ausnahme, ein Kettle Bell Rudern ist nicht so anspruchsvoll, dass eine einigermaßen korrekte Ausführung auch ohne Personal Training oder Kettle Bell Kurs machbar sei. Ein bisschen sträubt sich mein Inneres jetzt aber schon gegen diese Aussage… denn selbst Rudern hat großes Fehlerpotential. Mit einem dauerhaft schlecht ausgeführten Swing kannst Du Dir hingegen sogar richtig weh tun.
Als fortgeschrittener Sportler brauchst Du dann übrigens nicht immer einen Trainer an Deiner Seite. Sitzt die Technik, dann kannst Du das Training auch alleine durchführen. Ich selbst hole mir allerdings selbst auch immer wieder Feedback und wenn ich mit mit meinem Highlandgames- und Kettle Bell-Trainerkollegen Markus trainiere, bitte ich explizit immer um Feedback. Denn irgendwas kann man immer besser machen!
Aus diesem Grund überlegen Markus und ich übrigens auch regelmäßig, was wir tun können, um noch besser zu werden im Handling und auch im Coaching mit der Kettle Bell. Am kommenden Wochenende besuchen wir beispielsweise das RKC-Summer Camp. Klar, wir freuen uns auf Leute, die dieselbe Leidenschaft teilen, auf ne tolle Zeit… aber wir tun das auch, um zu lernen.
Gerne helfe ich Dir, an diesen Punkt zu kommen, wo es dann irgendwann „nur noch“ um technische Details, anstrengendes Training und höhere Gewichte geht. Am 30.8. starte ich im Kenpokan Hannover beispielsweise einen 8-Wochen-Kurs mit 3 Einheiten die Woche. Ein anderer Weg wäre Personal Training. Falls Du am anderen Ende der Welt wohnst und Lust auf die Kettle Bell hast, schreib mir ebenfalls gerne. Die Chance dass in Deiner Nähe eine gute Kollegin oder ein guter Kollege arbeitet ist recht groß, ich vermittel dann gerne weiter!
Let’s swing!