Laufe nicht, um fit zu werden! Werde fit, um zu Laufen!

Wenn Menschen in die Umsetzung kommen und endlich (wieder) mit dem Sport beginnen um „fit“ zu werden (was auch immer das bedeutet), gibt es zwei dominierende Reflexe:

  • man meldet sich in einem Fitnessstudio an oder erinnert sich, bereits in einem angemeldet zu sein,
  • oder man beginnt mit Laufen.

Klar, es gibt auch noch andere Möglichkeiten, aber diese beiden sind sehr verbreitet. Zum Fitnessstudio habe ich schon öfter geschrieben, kümmern wir uns dieses Mal ums Laufen.

Wenn Du diese oder dieser „man“ bist, wirst Du nach dem Lesen dieses Beitrages wissen, ob das Laufen für Dich der richtige Weg sein könnte. Ok, wenn Du zu den Cleveren gehörst (und als Leser dieses Blogs würde ich Dir dafür eine Blankovollmacht ausstellen, dass Du es bist) und das Lesen dieses Textes mit der Überschrift begonnen hast, dann wirst Du vermuten, dass „geh Laufen!“ nicht meine Standardempfehlung ist für Menschen, die mit dem Sport beginnen möchten.

Achtung, Laufen ist toll! Auch wenn ich selber aus verschiedenen Gründen nicht sehr viel laufe, bin ich als Leichtathlet seit 1987 doch eben durch diesen Sport sozialisiert. Mein erster Wettkampf war ein Crosslauf. Auch wenn ich lieber die technischen Disziplinen und später insbesondere die Würfe bevorzugt habe und noch immer bevorzuge, gehörte in meiner Zeit als Zehnkämpfer (laaaaaaaange her) der abschließende 1500m-Lauf doch eher zu meinen besseren Disziplinen. Im Rückblick habe ich diese Disziplin gerne gemacht, aber da spielt definitiv auch eine gewisse Verklärung (früher war alles besser) mit rein und ich vermute, dass ich diesen Marathonlauf für Zehnkämpfer genauso gehasst habe wie alle anderen, mich aber vielleicht ein klein bisschen besser quälen konnte.

Zurück zum Thema, sorry fürs Abschweifen, Du kennst das ja bei mir. Was ich damit sagen wollte: ich bin dem Laufen mehr als positiv gegenüber eingestellt, empfehle es aber nicht jedem!

Die Überschrift habe ich mir übrigens nicht selber ausgedacht, das ist ein Zitat von Mark Verstegen. Dieser ist ein mehr als renommierter Trainer und ich durfte vor vielen Jahren bei einem Kongress in München einem Vortrag beiwohnen zu genau diesem Thema. Verstegen ist den Älteren unter Euch vielleicht noch bekannt. Als Jürgen Klinsmann damals vor der WM 2006 so einiges trainingsmethodisch auf den Kopf stellte und anfing, Übungen mit Gummiebändern und ähnlichem Equipment zu integrieren, war Mark Verstegen der dahinter stehende Kopf. Damals wurden übrigens viele Köpfe geschüttelt, erst recht von alteingesessenen Trainern. Heute ist es Standard. Aber: zurück zum Thema, wir haben schon wieder den Weg verlassen… Manno!

Was meint Verstegen?

Ein junger, gesunder Mensch mit einem gutem Bewegungsmuster und Normalgewicht kann eigentlich ohne große Probleme mit dem Laufen starten. Falls Du Dich angesprochen fühlst, geh clever ran, übertreib es zu Beginn nicht. Viel Spaß!

Du warst bei einem der Punkte

  • jung,
  • gesund (damit meine ich insbesondere den passiven Bewegungsapparat: Sehnen, Bänder, Gelenke),
  • gutes Bewegungsmuster (= gute Lauftechnik) oder
  • Normalgewicht

raus? Für Dich muss Laufen nicht tabu sein, Du solltest aber definitiv weiterlesen und nicht einfach losrennen!

Rollen wir das Feld mal von hinten auf und beginnen mit dem Normalgewicht… oder vielleicht besser mit dem Übergewicht. Falls Du damit kämpfst, kenne ich einen engagierten Trainer (genau genommen kenne ich sogar einige!), der Dir helfen könnte, dagegen anzugehen…

Du hast momentan nicht Deine perfekte Form und siehst Dich noch nicht in der gewünschten Freibadform, Dein Körpergewicht und Dein Körperfettanteil befinden sich aber im gesundheitlich grünen Bereich? Alles gut, Dich meine ich nicht! Hast Du hingegen starkes Übergewicht, muss Dein Körper bei jedem Schritt eben dieses Körpergewicht abfedern (über die Gelenke, Sehnen und Bänder). Jedes Kilogramm mehr ist hier eine Extrabelastung! Bei jedem einzelnen Schritt!

Die erhöhte Belastung durch das hohe Gewicht gilt übrigens auch für sehr schwere, da muskulöse Athleten. Als 110kg-Muskelberg kannst Du sicherlich ab und an mal ein paar Kilometer laufen, ein leistungsorientiertes Marathontraining mit 5 oder mehr Laufeinheiten die Woche und entsprechenden Kilometerleistungen wäre aber sicherlich nicht das Cleverste, was Du je getan hast. Ähnliches gilt übrigens auch für sehr große Athleten. Körpergröße erhöht ja das Körpergewicht, auch bei schlanken und nicht zu muskulösen Menschen. Hinzu kommt, dass die Gelenke bei sehr großen Menschen ohnehin oft ein limitierender Faktor sind.

Solltest Du allgemein Probleme in diesem Bereich haben (oft sind es die Knie), dann ist Laufen nicht Dein richtiger Einstiegssport. Möglicherweise ist es möglich, dass Du durch Kräftigung (Krafttraining!) und langsames Steigern der Belastung sowie Gewichtsreduktion (bei Übergewicht, bei viel Muskeln oder hoher Körpergröße eher schlecht) Laufen zu einem Bestandteil Deines Sportprogrammes machen kannst. Es ist aber ganz klar die Reihenfolge Vorbereitung durch Krafttraining und gegebenenfalls Gewichtsreduktion und DANN erst Laufen, nicht Laufen unter schlechten Voraussetzungen und dadurch Gewichtsreduktion.

Stark adipöse Menschen haben nicht nur durch ihre hohes Gewicht eine erhöhte Belastung bei jedem Schritt und erst recht beim jedem gelaufenen, oftmals haben die Gelenke der unteren Extremitäten bereits starke Fehlstellungen eingenommen. Die gilt für die Sprunggelenke, noch augenscheinlicher ist es auch für Laien aber bei den Knien. Gerade wenn das starke Übergewicht schon in Kindes-/Jugendtagen entstand, ist eine starke X-Bein-Stellung (auch Valgusstellung genannt) zu erkennen. Es tut mir im Herzen weh, wenn ich so stark übergewichtige Menschen Laufen (Joggen) sehe. Ich habe so ungeheuer viel Respekt vor dem Willen und dem Einsatz, denn mal ganz ehrlich: unabhängig von der Überbelastung der Gelenke muss das auch ganz einfach eine Qual sein. Ich empfinde Laufen ohnehin als anstrengend, wie muss das dann erst mit noch 30 oder 50kg mehr sein. Hier aber die Empfehlung: Laufe nicht! Lass es!

Besser an dieser Stelle wäre beispielsweise Walking oder Spazierengehen, die Übergänge sind fließend. Wenn Du in einem Fitnessstudio trainierst, dann kannst Du auch auf dem Laufband bergauf gehen. Flott natürlich und zusätzlich bergauf. Dies bietet Dir genug Belastung und ist für den passiven Bewegungsapparat besser!

Wenn Du in einem Fitnessstudio trainierst, dann solltest Du dort natürlich auch Krafttraining in welcher Form auch immer machen. Falls Du das nicht machst wenn Du ohnehin schon da bist, dann kann ich Dir auch nicht helfen. Für die Vorzüge von Krafttraining verweise ich auf die anderen Blogbeiträge!

Als weitere Sportarten für das Herz-Kreislauftraining sind natürlich Radfahren und Schwimmen zu nennen. Damit meine ich natürlich die regelmäßige Durchführung, nicht das „Radfahren und Schwimmen“ wenn man manche Menschen fragt, was sie denn an Sport betreiben. Das sagen nämlich viele, auch wenn es nur einmal im Monat absolviert wird. Gerade Schwimmen und allgemein Kurse im Wasser sind für Übergewichtige toll.

Zurück zu Dir, falls Du nicht adipös bist… oder glaubst, es nicht zu sein. Hierzu ein kleiner Querverweis auf den letzten Beitrag (Warum Du abnehmen musst!).

Das Alter! „Früher bin ich so gerne gelaufen!“ Wenn es aufgrund körperlicher Beschwerden nicht mehr gehen sollte, dann solltest Du Dich damit vielleicht abfinden und einen Ersatz suchen. Ich kenne einige früher leidenschaftliche (und mehr als das) Läuferinnen und Läufer, die den Laufsport an den Nagel hängen mussten und jetzt mit derselben Leidenschaft Krafttraining betreiben… oder Mountainbiken… oder…

Am Laufen zu kleben, wenn es definitiv nicht mehr geht, dass ist wie jahrelang einer verflossenen Liebe hinterher zu trauern. Eine gewisse Zeit der Trauer ist normal und ok, irgendwas solltest Du aber abschließen!

Zurück zum Laufen. Beziehungsmanagement ist nicht mein Spezialthema… wobei ich auch auf dem gebiet schon äußerst erfolgreich war. 🙂

Wir hatten bzw. haben noch einen Punkt ausstehen, nämlich die Lauftechnik. Jeder Mensch kann Laufen? Unfug! Dem ist bei Weitem nicht so. Laufen ist mehr als nur einen Schritt vor den anderen setzen und dabei zwischendrin mal ohne Bodenkontakt sein. Kann sein, dass das passt, muss aber nicht. Ich traue mir nicht zu, Dir auf diesem Wege (schriftlich) das Laufen zu lehren oder es zumindest so zu beschreiben, dass Du einschätzen kannst, ob Du es gut machst. Falls Du aber regelmäßig läufst oder Laufen möchtest, ist beispielsweise ein Laufseminar eine sehr konkrete Empfehlung von mir. Wenn Du in den kommenden Jahren Hunderte oder gar Tausende Laufeinheiten mit noch mehr Tausenden von Kilometern planst, dann solltest Du diese Investition unbedingt leisten. Sonst helfen Dir auch die teuersten Laufschuhe nichts. Wobei auch die natürlich gut sein sollten!

Zu einer guten Lauftechnik gehört übrigens auch eine gute Körperhaltung, hierzu wiederum eine leistungsfähige Rumpfmuskulatur. Die kommt nicht von alleine, hier sind wir schon wieder beim Thema Krafttraining. Viele verlieren ihre Haltung, wenn sie ermüden, manche haben ihre gute Haltung bereits vor dem ersten Schritt verloren. Da könnte und sollte man etwas dagegen tun. Übrigens auch, was die unteren Extremitäten angeht. Krafttraining macht den Hobbyläufer besser. Schneller? Das kann ich Dir nicht versprechen, aber unter Umständen lässt sich dabei die eine oder andere Überlastungserscheinung – die bei Läufern häufiger auftreten als Du denkst – vermeiden, wodurch Du ohne ungeplante Pausen trainieren kannst… was Dich wiederum schneller macht. Regelmäßiges Training ist hier nämlich Trumpf.

Fassen wir es noch mal zusammen: Laufen ist ein toller Sport… falls Du Lust dazu hast. Gewisse Voraussetzungen sollten allerdings gegeben sein, beziehungsweise Du solltest sie schaffen. Ich helfe Dir gerne, an diesen Grundlagen zu arbeiten, damit Du langfristig mehr Freude und Erfolg beim Laufen hast!

P.S.: einer der kommenden Artikel befasst sich mit Krafttraining für Läufer. Falls Du Fragen oder Anregungen oder auch Themenvorschläge hast, her damit!

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